Vor rund zehn Jahren unterzeichnete die Stadt Hamburg Verträge mit den islamischen sowie alevitischen Religionsgemeinschaften, einige Monate später traten sie in Kraft. Jetzt kommt es zur vereinbarten Auswertung der Übereinkünfte, in die der Hamburger Senat und die Religionsgemeinschaften als Vertragspartner eingebunden sind. Eine ergänzende parlamentarische Begleitung der Evaluation soll durch einen gemeinsamen Antrag der rot-grünen Regierungsfraktionen ermöglicht werden (siehe Anlage). Das Vorhaben von SPD und Grünen soll den Rahmen für den inhaltlichen Austausch in den Parlamentsgremien sowie den zeitlichen Ablauf der Auswertung setzen und wird am 2. März in der Hamburgischen Bürgerschaft beraten.
Dazu Michael Gwosdz, religionspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Die Auswertung der Verträge liegt natürlich im ersten Schritt in der Verantwortung des Senats und der Religionsgemeinschaften. Als Bürgerschaft ist es uns aber ein sehr wichtiges Anliegen, diesen Prozess zu begleiten und unsere Rolle als Volksvertreter*innen hier selbstverständlich wahrzunehmen. Nachdem die beteiligten Vertragspartner erste Gespräche über ein Vorgehen bezüglich der Evaluation geführt haben, werden sie der Bürgerschaft erstmals vor der Sommerpause und dann abschließend Ende Oktober dieses Jahres über den Stand der Dinge berichten. Für den weiteren Auswertungsprozess ist es uns dann besonders relevant, auf Grundlage der Berichte des Senats viele und umfassende Gespräche mit verschiedenen Akteur*innen zu führen. Von besonderer Bedeutung ist hier, genügend Raum für eine kritische Auseinandersetzung mit den Verträgen zu bieten. So wird es uns gut gelingen, gemeinsam und in Absprache mit allen Beteiligten Veränderungsbedarfe zu identifizieren, auf die wir dann gezielt reagieren können.“
Dazu Ekkehard Wysocki, religionspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion Hamburg: „Fest steht heute, dass die Staatsverträge Kanäle des Dialogs eröffnet haben und zu einem Bindeglied zwischen Stadt und Religionsgemeinschaften geworden sind. Es ist uns wichtig, dass auch die Bürgerschaft in den Evaluationsprozess eingebunden wird, wie sie es schon zum Abschluss der Verträge vor zehn Jahren war. Wenn nun die Erkenntnisse aus allen Bereichen der Verträge zusammengetragen und bewertet werden, kann ein umfassendes Bild über die Erfolge der Verträge und einen eventuellen Verbesserungsbedarf entstehen. Die Bürgerschaft hat die Verträge mit den islamischen und alevitischen Religionsgemeinschaften in vielen Debatten, Veranstaltungen und Gesprächen konstruktiv und kritisch begleitet. Die vergangenen zehn Jahre waren von intensiven, guten Gesprächen mit den Vertragspartnern geprägt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Verträge eine geeignete Grundlage bilden, um auch in kritischen Fragestellungen eine Gesprächsbasis zu schaffen. Dazu gehört etwa auch der kritische und klare Dialog mit der Schura zur Rolle ihrer Mitgliedsorganisation IZH, die unter anderem durch die Teilnahme an antisemitischen Demonstrationen negativ aufgefallen ist und vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Zusammenarbeit mit Schura, DITIB Nord und den alevitischen Gemeinden haben wir dank der Verträge viele wichtige Projekte auf den Weg bringen können – etwa als es um die Entwicklung eines gemeinsamen islamischen Religionsunterrichts an Hamburger Schulen oder Präventionsprogramme gegen religiösen Extremismus ging. Wir werden die Erfahrungen der letzten Jahre nun intensiv auswerten, kritisch beleuchten und daraus Schlüsse für die Zukunft ziehen.“
Hintergrund
Der im November 2012 – nach dem Vorbild der Verträge mit anderen Religionsgemeinschaften – unterzeichnete und im Juni 2013 von der Hamburgischen Bürgerschaft verabschiedete Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und den islamischen sowie alevitischen Religionsgemeinschaften umfasst 13 Artikel, in denen im Wesentlichen bereits bestehende Rechte und Pflichten zu Themen wie etwa Glaubensfreiheit und Rechtsstellung, gemeinsame Wertegrundlage, Bildungswesen, Religionsunterricht, Bestattungswesen bestätigt beziehungsweise deren Anwendung in Hamburg spezifiziert werden. Die Auswertung der Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre soll der Bürgerschaft bis zum 31. Oktober 2022 zugehen.
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