SPD und Grüne setzen sich für den Erhalt des Industrieensembles Oberhafen ein und beantragen neben der Fortführung der laufenden Sanierungsmaßnahmen eine Gesamtlösung für das Oberhafenquartier. Dabei soll der Erhalt der erst 30 Jahre alten Gleisfeldüberdachung zwischen den historischen Hallen 2 und 3 und damit verbundene Nutzungsmöglichkeiten der einstigen Bahnsteige und -gleise geprüft werden. Dazu sollen gemeinsam mit den vorhandenen und möglichen zukünftigen Nutzern Träger- und Finanzierungskonzepte entwickelt werden. Über einen entsprechenden Antrag der Regierungsfraktionen beschließt heute die Bürgerschaft.
Dazu Olaf Duge, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion:
„Im Oberhafenquartier steckt der Reiz des Unvollkommenen, der zu einer kreativen Umnutzung des ehemaligen Güterumschlagortes vom Schiff auf die Schiene herausfordert. Wir wollen diesen vielfach noch unentdeckten Ort erhalten und die Sanierung voranbringen. Dafür stehen u.a. Zuschüsse des Bundes in Millionenhöhe und Spenden in Aussicht. Wir sind gespannt, welche attraktiven Ideen für eine Nutzung der Gleisanlagen und der 21.000 Quadratmeter großen Nutzfläche in den Gebäuden entwickelt werden. Dabei sollen natürlich die Gegebenheiten der baulichen Substanz wie auch der finanziellen Möglichkeiten im Auge behalten werden – mit ganzer, teilweiser oder ohne Erhalt der Gleisfeldüberdachung. Schon heute entwickelt sich das Oberhafenquartier mit Studios, Werkstätten, Fundus und Ausstellungsräumen zu einem attraktiven Ort für Kreativwirtschaft und Start-Ups zu bezahlbaren Gewerbemietpreisen.“
Dazu Dirk Kienscherf, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion:
„Das Oberhafenquartier am Nordrand der östlichen HafenCity wandelt sich vom ehemaligen Güterbahnhof zu einem neuen Quartier für Akteure aus Kultur und Kreativwirtschaft. Hier trifft Hamburgs Stadtgeschichte auf innovative urbane Entwicklungen. Zwischen HafenCity, Museumsmeile und Großmarkt entsteht ein inspirierender Ort, der bereits jetzt weit über Hamburgs Grenzen hinaus auf großes Interesse stößt. Es geht uns um ein wertvolles Stück Hamburg mit historischer Bedeutung und enormen Potenzialen für die Kreativwirtschaft. Wir setzten uns dafür ein, dass jetzt die entscheidenden und verbindlichen Weichenstellungen zur Entwicklung des Gebietes vorgenommen werden. Gleichzeitig sollen Möglichkeiten finanzieller Unterstützung durch private Initiativen geprüft werden. So hatte im Herbst letzten Jahres im Zusammenhang mit der Frage des Erhalts/Nichterhalts des erst 30 Jahre alten Glasdaches die Initiative Oberhafen eine finanzielle Unterstützung in größerem Umfang signalisiert und dazu später auch eine Stiftung gegründet. Aus unserer Sicht sollte man die finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten und Nutzungsvorstellungen durch die Stiftung ernsthaft prüfen. Unser Antrag ist hierfür ein klares Signal mit allen bisher Beteiligten und Interessierten nun zielgerichtet ein Gesamtkonzept zur Sanierung und Nutzung des Oberhafens als kreatives lebendiges Quartiers abschließend zu entwickeln.“
Hintergrund:
Aktuelle Transformation
Das rund 67.000 Quadratmeter umfassende Areal des ehemaligen Güterbahnhofs soll gemäß der Masterplanung von 2010 einer neuen Nutzung zugeführt werden. Im Unterschied zu den Entwicklungen der HafenCity wird hier keine städtebauliche Neukonzeption, sondern eine neue und intensivierte Nutzung eines großen Teils der historischen, sanierungsbedürftigen Bestandsgebäude als Ziel verfolgt. Die eingeschossigen Güterhallen und mehrstöckigen Kopf- und Mittelbauten bieten zusammen rund 21.000 Quadratmeter Geschossfläche. Die drei Lagerschuppen machen mit etwa 15.200 Quadratmetern den größten Teil der Gebäudefläche aus.
Um die Transformation voranzutreiben, haben die beiden städtischen Gesellschaften HafenCity Hamburg GmbH und die Hamburg Kreativ Gesellschaft mbH einen breiten Dialogprozess eingeleitet. Im Herbst 2013 wurde im Rahmen eines Angebotsverfahrens die Nutzung der ersten circa 6.000 Quadratmeter Hallenfläche ausgeschrieben, auf die sich interessierte Akteurinnen und Akteure aus Kultur und Kreativwirtschaft mit ihren Vorhaben beworben haben.
Voraussetzung für die neuen kreativen Nutzungen ist die Durchführung umfassender Sanierungen der alten Gebäude. Aktuell laufen bauliche Maßnahmen im Bereich der Halle 4.1, die eine Realisierung erster eingereichter und ausgewählter Konzepte und den Einzug der neuen Mieterinnen und Mieter im Frühjahr/Sommer 2017 zum Ziel haben.
Sanierungsbedarf
Die vorhandenen Gebäude sollen zunächst mit geringen Mitteln so hergerichtet werden, dass sie einerseits den betrieblichen Ansprüchen der neuen Nutzungen genügen und andererseits die gewachsene Atmosphäre der historischen Bauten erhalten. Eine Wärmedämmung von Hallensegmenten ist nur bei besonderen Nutzungen (zum Beispiel für Gastronomie) vorgesehen. Für rund 7.200 Quadratmeter Hallenfläche liegt seit Januar 2016 eine Baugenehmigung für die neuen Nutzungen vor.
Die tragfähigen Kosten für Sanierungsmaßnahmen sind in diesem Rahmen entsprechend limitiert. Dabei ist der Oberhafen in verschiedene Gebäudesegmente zu unterteilen. Im Zuge der konkreten baulichen Planung und der Baugenehmigung für die Hallensegmente 4.1, 3G, 3.1 und 2.1 hat sich gezeigt, dass die Sanierungsmaßnahmen für die Hallensegmente 4.1. und 2.1 mit einem anschließenden monatlichen Mietpreis von 5 Euro pro Quadratmeter netto kalt voraussichtlich umsetzbar sind. Aufgrund vergleichbarer baulicher Struktur gilt dieses auch für das Segment 4.2/4.3 (teilweise). Voraussichtlich schwieriger refinanzierbar sind die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen bei den Hallensegmenten 3G, 3.1, 3.2, der Oberhafenkantine und den Kopf- und Mittelbauten. Halle 3 weist eine von den Hallen 2 und 4 abweichende Konstruktion auf, die besondere Maßnahmen mit hohen Zusatzaufwendungen im Bereich der Hallen- und Dachstatik erfordert. Ebenfalls saniert werden sollten die ehemalige Bahnmeisterei und der angrenzende Lokschuppen. Die Oberhafenkantine muss zu einem späteren Zeitpunkt im Zuge einer Kaimauersanierung denkmalgerecht abgebaut und anschließend wiederaufgebaut werden.
Gleisfeldüberdachung
Eine besondere Beachtung hat in den letzten Monaten die Diskussion um die Zukunft der erst in den 1980er-Jahren von der Deutschen Bahn errichteten Gleisfeldüberdachung zwischen den historischen Hallen 2 und 3 erfahren. Ein Erhalt der rund 30 Jahre alten Überdachung in Verbindung mit einer gleichzeitigen, neuen öffentlichen Nutzung der Flächen unterhalb der Überdachung erfordert nach ersten Abschätzungen Brandschutzmaßnahmen in erheblichem Umfang. Je publikumsstärker die Nutzung unterhalb der Überdachung erfolgt, umso aufwendiger sind die entsprechend notwendig werdenden Maßnahmen, denen jedoch bislang keine kompensierenden Erträge gegenüber stehen. Die HafenCity GmbH hatte vor diesem Hintergrund ursprünglich einen Abriss des Daches vorgesehen.
Interessierte und Initiativen haben sich im letzten Jahr für den Erhalt der Gleisfeldüberdachung ausgesprochen und in diesem Zusammenhang signalisiert, private Spenden für die Finanzierung erforderlicher Brandschutz- und Erhaltungsmaßnahmen aktivieren zu wollen. Die HafenCity GmbH ist daraufhin in einen erneuten neutralen Dialogprozess hinsichtlich der Möglichkeiten und Grenzen eines Erhalts der Dachkonstruktion eingestiegen, bei dem jetzt Möglichkeiten mit oder ohne Dach bewertet werden. Im Zuge der Diskussion um den Erhalt der Gleisfeldüberdachung und mögliche Nutzungen auf den darunterliegenden und den angrenzenden Flächen hat sich die Stiftung Oberhafen gegründet.
Geschichte
Noch heute hat der Oberhafen eine besondere historische Bedeutung – hier ist Hamburger Geschichte sichtbar. Im Zusammenhang mit dem Bau des im Bereich des heutigen Lohseparks gelegenen Hannoverschen Bahnhofs im Jahr 1872 wurde das Gelände rund um den Oberhafen für den Güterumschlag vom Schiff auf die Schiene genutzt. Hier entstanden die ersten uferparallelen Lagerschuppen. Im Zuge des weiteren allgemeinen Hafenausbaus wurden die Anlagen im Oberhafen modernisiert und blieben ein wichtiger Umschlagspunkt zwischen Schiff und Eisenbahn. Zwischen 1910 und 1920 wurden die Schuppen zum Teil abgerissen, versetzt und verschmälert oder neu errichtet, behielten aber ihre ursprüngliche Funktion. Zudem wurde ein Kopfgebäude der Güterabfertigung hinzugefügt. 1925 entstand die Oberhafen-Kantine als hafentypische Kaffeeklappe, die heute unter Denkmalschutz steht und weiterhin genutzt wird.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Oberhafen zum Großteil zerstört, die Struktur blieb aber erhalten. Die Lagerschuppen wurden nach dem Krieg auf den Grundmauern an gleicher Stelle saniert oder wieder aufgebaut. Mit der Veränderung der Umschlagtechniken (Containerisierung) nahm die Bedeutung des Oberhafens als Güterumschlagsort kontinuierlich ab und führte schließlich bis 2013 zur Gesamteinstellung des Betriebs. Da aufgrund dieser Entwicklungen schon ab Ende der 1990er- Jahre einzelne der überwiegend eingeschossigen Güterhallen für die Umschlagsnutzung nicht mehr benötigt wurden, zogen die ersten Kreativnutzerinnen und -nutzer in den Oberhafen ein, darunter Fotografinnen und Fotografen mit ihren Studios oder Messe-, Ausstellungs- und Setbauer mit ihren Werkstätten. 2003 erwarb die Freie und Hansestadt Hamburg von der Deutschen Bahn das Areal, das – in der Verwaltung der HafenCity GmbH – im dauerhaften Eigentum der Stadt verbleiben soll.
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