Fachkräftemangel bei Lehrer*innen: Grüne Lösungswege

Diskussionspapier der Landesvorsitzenden Maryam Blumenthal und anderen im Rahmen des Programmprozesses PlanWerkstatt 2030

Stand: 27. März 2023

Laut Prognosen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz (KMK) werden in Deutschland bis zum Jahr 2030 etwa 30.000 bis 40.000 Lehrer*innen fehlen. Heutige und künftige Schüler*innen werden mit erheblichen Beeinträchtigungen im Schulsystem, sowie mit massiven Lücken im Unterrichtsstoff, die zudem nicht nachgeholt werden können, rechnen müssen. Dies führt zu Nachteilen bei Lebens- und Integrationschancen, wenn wir nicht massiv dagegen ansteuern. Der Lehrkräftemangel wird durch derzeit geburtenstarke Jahrgänge, geburtenschwache Abiturjahrgänge und hohe Pensionswellen die nächsten 20 Jahre bestehen bleiben.

Der größte Mangel an Lehrpersonal besteht in Grundschulen, im Förderbereich und der Sekundarstufe I, aber auch bei erzieherischem und pflegendem Personal.

In Hamburg ist der Lehrkräftemangel bislang noch nicht so stark ausgeprägt wie in Flächenländern, dort ist die Situation z.T. bereits jetzt dramatisch. Doch auch in Hamburg zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung in verzögerter Form schon ab.

Durch den zunehmenden Mangel im Kollegium werden die Belastungen jeder einzelnen Lehrkraft zunehmen, und die Lehrqualität an Schulen wird leiden: Erkranktes Lehrpersonal wird aus Mangel durch fachfremde Kolleg*innen ersetzt, oder der Unterricht fällt ganz aus. Schon jetzt müssen Lehrer*innen in angespannten Zeiten mehrere Klassen gleichzeitig betreuen oder ganze Unterrichtsfächer fallen wochenlang aus. Hier muss schnellstmöglich politisch gegengesteuert werden.

Mit unseren grünen Lösungswegen zeigen wir Möglichkeiten auf, diesem Umstand entgegenzuwirken. Wir möchten damit eine ernsthafte Debatte eröffnen, die auch nicht davor zurückschreckt, bisherige Strukturen infrage zu stellen. Festzustellen ist, dass wir vielfältige Lösungen benötigen, die ineinandergreifen.

Das Ziel ist zum einen, den Lehrerberuf so attraktiv wie nur möglich zu gestalten – für heutige und zukünftige Lehrer*innen. Zudem müssen wir alles daransetzen, dem zunehmenden Fachkräftemangel in den Schulen entgegenzuwirken und neues Personal zu gewinnen.

Grüne Lösungswege gegen den Lehrkräftemangel:

  1. Die Finanzierung des Ausbaus der Lehramts-Studienplätze, ebenso Ausbau des Studiengangs Erziehungswissenschaften mit Schwerpunkt Sonder- und Sozialpädagogik
  2. Diversifizierung der Zugangsvoraussetzungen ins Lehramtsstudium, z.B. durch Eignungsgespräche und Aufnahmetests, unabhängig bzw. ergänzend zur Aufnahme durch den Numerus Clausus
  3. Den Master of Education öffnen, um den Fach-Bachelor ins Lehramtsstudium zu führen
  4. Prüfung einer Zusammenarbeit mit der Beruflichen Hochschule Hamburg (BHH) als Ergänzung zum grundständigen Lehramtsstudium (z.B. Beruf Erzieher*in und zwei Unterrichtsfächer)
  5. Mehr Plätze für den Vorbereitungsdienst (Referendariat) schaffen
  6. Den Vorbereitungsdienst kritisch im Hinblick auf Umfang, Intensität und Inhalt prüfen
  7. Regelmäßige Anpassung der fachlichen Inhalte im Studium (insbesondere mit Blick auf Mathematik) an die Lehrpläne und Stärkung der pädagogischen Anteile (mit Blick auf Herausforderungen unserer Zeit in der Bildung: Inklusion, Digitalisierung, Bildung für nachhaltige Entwicklung,…), damit das Studium auf die tatsächlichen Herausforderungen im Beruf besser vorbereitet
  8. Schnellere Anerkennung von ausländischen Abschlüssen mit qualifiziertem Einstiegs- und Weiterbildungsprogramm sowie Möglichkeiten der Verbeamtung – ggf. auch mit nur einem Fach
  9. Durch qualitative Aus- und Weiterbildungsprogramme die Möglichkeiten für den Quer- und Seiteneinstieg ausbauen. Darüber hinaus sollte auch geprüft werden, ob die Altersgrenze für die Verbeamtung hoch gesetzt werden kann.
  10. Einen berufsbegleitenden Einstieg in den Lehrkräfteberuf ermöglichen, ggf. mit begleitender, finanzieller Unterstützung
  11. Die Teilzeitquote muss gesenkt werden. Vorab gilt es dafür zu erfassen, wie es tatsächlich um die Überlastung im Beruf und die individuelle Gesundheit der Lehrer*innen bestellt ist. Die Ergebnisse dieser Erhebung sollen für weitere, ggf. entlastende Maßnahmen dienen. Auch müssen in diesem Zusammenhang Barrieren abgebaut werden, die Lehrkräfte daran hindern, frühzeitig bei Erkrankung oder Belastung Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
  12. Regelmäßige Supervision für jedes Kollegium, um die Belastungen im Alltag professionell zu verarbeiten und schnellstmöglich Lösungen für aufkommende Probleme zu schaffen.
  13. Die Stadt muss sich auch beim Schulpersonal als moderne, fortschrittliche Arbeitgeberin verstehen und diese beim Schulbau mitdenken: Durch Ruhe- und Aufenthaltsräume können Rückzugsmöglichkeiten im langen Arbeitsalltag geschaffen werden, durch ausreichend Arbeitsräume nehmen Lehrkräfte weniger Belastungen mit nach Hause, durch Duschräume und mehr und gesicherte Fahrradabstellmöglichkeiten können die Bedürfnisse einer modernen Mobilität in der Großstadt gedeckt werden.
  14. Der Aufwand für Verwaltungsaufgaben im Alltag der Lehrer*innen muss reduziert werden, dafür müssen wir die Verwaltungsstellen an den Schulen ausbauen. Auch weitere, nicht-unterrichtliche Aufgaben wie die Betreuung der IT müssen durch eigens dafür eingestelltes Fachpersonal oder Drittanbieter übernommen werden.
  15. Wir wollen eine Öffentlichkeitskampagne starten mit dem Ziel, junge Menschen und Quereinsteiger*innen für den Lehrerberuf zu begeistern.

Zur PlanWerkstatt2030