Eine intelligent in den öffentlichen Verkehr integrierte autonome Fahrzeugflotte kann das Verkehrsaufkommen deutlich reduzieren, das Klima schützen und die Verkehrssicherheit erhöhen. Das ist ein zentrales Ergebnis eines vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) im Auftrag der Grünen Bürgerschaftsfraktion erstellten Gutachtens, das heute in Hamburg vorgestellt wurde. Das Gutachten mahnt: Ohne politische Steuerung können sich die digitalen Optionen für eine Verkehrswende nicht entfalten.
Dazu Anjes Tjarks, Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Autonomes Fahren ist das Zukunftsthema für Hamburg und mindestens so groß und gewichtig wie die Planungen zur U5. Wir könnten perspektivisch in etwa mit einem Zehntel der heutigen Fahrzeugflotte die gleiche Anzahl an Menschen transportieren. Das würde individuelle Mobilität auf qualitativ hochwertigem Niveau bei viel geringerem Verkehrsaufkommen ermöglichen. Das Gutachten zeigt das riesige Potenzial des autonomen Fahrens für unser tagtägliches Mobilitätsverhalten auf. Wenn wir wenigstens einen Teil des Potentials heben würden, könnte autonomes Fahren weniger Verkehr, weniger Abgase, mehr Lebensqualität in Hamburg und in ganz Deutschland bedeuten. Damit es aber tatsächlich dazu kommt, ist es entscheidend, dass die Entwicklung bereits jetzt politisch gestaltet und das autonome Fahren intelligent in den Öffentlichen Nahverkehr integriert wird. Das funktioniert nur mit einem klaren Zielbild, und dabei liegt für uns die Priorität auf öffentlichem Nahverkehr und auf Fuß- und Radverkehr. Mit dem Gutachten machen wir deutlich: Die Grünen stellen sich in Sachen Mobilität frühzeitig für die Zukunft auf und übernehmen damit auch dort Verantwortung, wo sie auf Bundesebene leider viel zu häufig vermisst wird.“
Dazu Martin Bill, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Der Diskurs um autonomes Fahren wird momentan vor allem von Digitalkonzernen und von Automobilherstellern vorangetrieben – und nicht alles wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Das Forschungsteam des WZB sieht vollautonomes Fahren frühestens in 20 Jahren. Das Gutachten verweist auf die Risiken dieser einseitigen Entwicklung: Wenn Massen an privaten autonomen Fahrzeugen die Straßen fluten, ist ein Verkehrskollaps unausweichlich. Umso wichtiger ist es, rechtzeitig politisch zu steuern und Fehlentwicklungen vorzubeugen. Die Vorschläge, die das Gutachten dazu enthält, werden wir gründlich analysieren und in den kommenden Wochen und Monaten mit den Hamburgerinnen und Hamburgern diskutieren – unter anderem auf unserer Mobilitätskonferenz am 12. April.“
Dazu Prof. Andreas Knie, Leiter der Forschungsgruppe Wissenschaftspolitik am WZB: „Auch wenn die Industrie ein anderes Bild vermittelt: Vollständig autonomes Fahren mit sich selbst disponierenden Fahrzeugflotten der Stufe 5 wird frühestens in 20 Jahren Realität werden. Hoch automatisiertes Fahren der Stufen 3 und 4 wird hingegen früher Verbreitung erfahren. Es gilt bereits jetzt die politischen Weichen dafür zu stellen, dass dies im Sinne aller Mobilitätsnutzerinnen und –nutzer geschieht und eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens um jeden Preis vermieden wird. Das Zielbild des Verkehrs von morgen lautet: hoch performant, sozial ausgewogen und nachhaltig organisiert. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen öffentliche Aufgabenträger zu Regieeinrichtungen für alle öffentlichen Verkehre umgebaut werden und es braucht eine ermöglichende Regulierung auf Bundesebene. Automatisierte Flotten sind im bestehenden Rechtsrahmen nicht vorgesehen. Deshalb braucht es die Einrichtung eines Bundesmobilitätsgesetzes, das eine Klammer für Anpassungen in Fachgesetzen vornimmt.“
Hintergrund:
Das Gutachten „Autonomes Fahren im Öffentlichen Verkehr – Chancen, Risiken und politischer Handlungsbedarf“ wurde auf Initiative und unter Federführung der Grünen Bürgerschaftsfraktion Hamburg unter Beteiligung der Grünen Fraktionen der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) erstellt. Verfasser sind Prof. Dr. Andreas Knie, Dr. habil. Weert Canzler und Dr. des. Lisa Ruhrort von der Forschungsgruppe Wissenschaftspolitik. Am WZB arbeiten mehr als 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interdisziplinär zu Entwicklungstendenzen, Anpassungsproblemen und Innovationschancen moderner Gesellschaften. Als außeruniversitäres Forschungsinstitut ist das WZB Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Das vollständige Gutachten finden Sie unter folgendem Link: https://www.gruene-hamburg.de/wp-content/uploads/2019/04/Autonomes_Fahren_Gutachten_030419.pdf
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