In der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) beschafft die öffentliche Hand – Fachbehörden, Bezirke, Landesbetriebe, Hochschulen und öffentliche Unternehmen – jährlich Güter und Dienstleistungen im Wert von rund 340 Millionen Euro. Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen sehen Hamburg in der Verantwortung, dabei den Aspekten der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen. Mit einem gemeinsamen Antrag ersucht Rot-Grün den Senat deshalb, die zentralen Ziele des Fairen Handels, der Guten Arbeit sowie des Umwelt- und Klimaschutzes weiter voranzubringen und noch stärker im städtischen Beschaffungswesen umzusetzen (siehe Anlage). Über den Antrag wird in der kommenden Bürgerschaftssitzung am 1. März abgestimmt.
Dazu Dennis Paustian-Döscher, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen Fraktion Hamburg: „Die öffentliche Beschaffung von Waren und Dienstleistungen besitzt einen hohen Vorbildcharakter, sowohl für die Wirtschaft als auch für das Konsumverhalten der Menschen im Alltag. Die Kriterien, an denen die Verwaltung ihre Kaufentscheidung ausrichtet, sollten daher zentrale gesellschaftliche Werte und Prinzipien abbilden. Deshalb konzentrieren sich unsere Eckpunkte für ein modernes Vergabegesetz klar auf ökologische und soziale Kriterien. Ein wichtiges Anliegen ist beispielsweise, dass die Gleichstellung der Geschlechter und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen eine wichtige Rolle bei der Vergabe öffentlicher Aufträge spielen. Zugleich werden wir Bürokratie abbauen und die Verwaltung sowie Betriebe durch die Anhebung von Schwellenwerten entlasten. Mit unseren rot-grünen Eckpunkten verbinden wir daher ein starkes gesellschaftspolitisches Signal mit der notwendigen Entbürokratisierung.“
Dazu Filiz Demirel, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion Hamburg: „Gute Arbeitsbedingungen und faire Entlohnung sind für uns zentrale Ziele. Deshalb ist es so wichtig, dass wir die öffentliche Vergabe auch an diesen Zielsetzungen orientieren. Die Tariftreue ist ein maßgeblicher Bestandteil und Treiber guter Arbeit. Andere Städte wie Berlin und Bremen haben deshalb die Tarifbindung im Vergabegesetzbereich bereits eingeführt. Auch Hamburg nimmt künftig eine solche Vorbildfunktion ein. Mit unserem Antrag verpflichten wir in der Vergabe Unternehmen, den branchenüblichen Tariflohn zu bezahlen und belohnen damit Betriebe mit Tarifverträgen. Gleichzeitig stärken wir die Beteiligung und beziehen die Gewerkschaften, die Kammern und Unternehmensverbände sowie weitere sozial-, umwelt-, nachhaltigkeits- und menschenrechtspolitische Akteur*innen bei der Erarbeitung der Kriterien ein.“
Dazu Iftikhar Malik, Experte der SPD-Fraktion Hamburg für Fairen Handel: „Hamburg muss Vorbild sein und die nachhaltige Transformation der Wirtschaft unterstützen. Indem bei der Auswahl der Vertragspartner nicht nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden wird, sondern im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Möglichkeiten auch soziale, ökologische und andere ethische Kriterien Berücksichtigung finden, können Stadt und öffentliche Unternehmen Einfluss auf die Arbeits- und Produktionsbedingungen in Deutschland, Europa und der Welt ausüben. Die sozialen und umweltbezogenen Kriterien dürfen nicht wie bisher optional sein, sondern müssen im Vergaberecht verbindlich normiert und bei der Vergabe eingehalten werden. Mit unserem Antrag fordern wir den Hamburger Senat auf, eine Reform des Vergaberechts zu prüfen und dabei die bestehenden guten Regelungen umzusetzen. Der bereits bestehende Leitfaden für umweltfreundliche Beschaffung muss zu einem Leitfaden für nachhaltige Beschaffung weiterentwickelt und konsequent zur Anwendung gebracht werden. Dazu gehört für uns auch ein effizientes Nachhaltigkeitsmonitoring, der Ausbau des Warengruppenmanagements, die Weiterentwicklung von Informations- und Weiterbildungsangeboten zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung sowie die Stärkung der Beratungsarbeit durch die Kompetenzstelle Nachhaltigkeit.“
Dazu Jan Koltze, Sprecher der SPD-Fraktion Hamburg für Arbeit und Gewerkschaften: „Hamburg als ‚Stadt der Guten Arbeit‘, das ist das Leitbild unserer Politik. Ein wichtiger Baustein dafür ist die Stärkung der Tarifbindung. Denn nur die möglichst umfassende Geltung von Tarifverträgen, die zwischen den Sozialpartnern – also den großen Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden – ausgehandelt werden, sichert gute Löhne und Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten und faire Bedingungen für alle Beteiligten. In einem gesunden Wettbewerb entscheiden Qualität und Innovation, und nicht der Kampf um die billigste Arbeit. Auch die EU verlangt daher inzwischen von den Mitgliedsstaaten, für eine Tarifbindung von mindestens 80 Prozent zu sorgen. Doch davon sind wir in Deutschland leider noch weit entfernt – auch in Hamburg. Im Gegenteil, die Tarifbindung ist sogar rückläufig. Wir wollen uns deshalb als Stadt selbst verpflichten, dass nur solche Unternehmen öffentliche Aufträge erhalten, die ihre Beschäftigten gemäß den geltenden Tarifverträgen entlohnen. Damit setzen wir einen starken Impuls für eine höhere Tarifbindung und gehen voran. Wir stehen ein für Gute Arbeit und eine faire, soziale Marktwirtschaft.“
Hintergrund:
Hamburg hat sich im Bereich der nachhaltigen Beschaffung 2012 erstmals Vergabekriterien zur sozialverträglichen Beschaffung mit zwingenden Vorgaben zur Einhaltung der Tariftreue im Bereich des Entsendegesetzes, zur Wahrung der Kernarbeitsnorm der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) als zentralem Element der sozialen Nachhaltigkeit sowie zur umweltverträglichen Beschaffung auferlegt. 2017 wurde das Vergaberecht erneut angefasst und insbesondere sozial gerechte Standards in internationalen Handelsbeziehungen im Sinne des Fairen Handels gestärkt. Mit dem rot-grünen Antrag soll das Vergabegesetz nun erneut reformiert werden und zeitgemäße Vorgaben in den Bereichen Globale Verantwortung, Gute Arbeit sowie Umwelt- und Klimaschutz bereitstellen.
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