Flüchtlingspolitik

Flüchtlingsunterbringung: Viel geschafft, aber noch viel vor

Ein Jahr nach der umfassenden Einigung in Sachen Flüchtlingsunterbringung zwischen der Bürgerschaftsmehrheit von SPD und Grünen auf der einen und der Volksinitiative “Hamburg für gute Integration” auf der anderen Seite haben die damaligen Verhandlungspartner ein positives Zwischenfazit gezogen, aber auch weiteren Handlungsbedarf deutlich gemacht. Durch eine über 130 Seiten starke Einigung, die im Juli 2016 von der Bürgerschaft beschlossen wurde, war seinerzeit ein Volksentscheid zu dieser polarisierenden Frage vermieden worden. Die Einigung (Drucksache 21/5231) besteht aus grundlegenden Maßgaben für Unterbringung und Integration (zum Beispiel keine neu geplante Flüchtlingsunterkunft darf mehr als 300 Plätze umfassen) sowie zahlreichen dezentralen Bürgerverträgen mit Vorgaben für die einzelnen Standorte.

Dazu Anjes Tjarks, Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Vor genau einem Jahr haben wir uns in schwierigen, harten, aber am Ende vor allem erfolgreichen Verhandlungen auf einen Kompromiss bei der Flüchtlingsunterbringung in Hamburg geeinigt. Ich bin bis heute sicher, dass diese einvernehmliche Lösung eine sehr wichtige Grundlage für ein gutes Miteinander in unserer Stadt ist. Wir haben an vielen Stellen die Erfolgschancen für eine gelingende Integration verbessern können. Und wir haben nicht zuletzt durch die Einigung einen kontroversen und konfliktreichen Volksentscheid um ein sensibles Thema vermieden. Teil des Kompromisses war es aber auch immer, die Umsetzung der Einigung zu begleiten. Unsere Arbeit war eben nicht vor einem Jahr erledigt, sie dauert noch immer an. Deswegen sitzen wir auch heute noch an verschiedenen Orten in der Stadt zusammen und schauen uns gemeinsam an, wo es hakt – und vor allem, wie wir zu lokalen Lösungen kommen, wenn sich in der Umsetzung Probleme ergeben. Dieses System funktioniert bis heute sehr gut und wir sind überall in der Stadt auf einem guten Weg, die Bürgerverträge umzusetzen. Für die politische Kultur haben die Verhandlungen, aber auch das Miteinander danach aus meiner Sicht einen wesentlichen Einfluss. Direkte und indirekte Demokratie sind keine gegensätzlichen Paare. Im Gegenteil: Wir haben bewiesen, dass durch Zusammenarbeit und Verhandlungen am Ende ein sehr gutes Ergebnis stehen kann. Und die Akzeptanz ist ebenfalls höher, als durch eine Basta-Politik von oben herab.“

Dazu Andreas Dressel, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion: “Die Umsetzung der Einigung vom letzten Sommer ist überall in Hamburg auf gutem Weg. Alle Beteiligten arbeiten weiter mit Hochdruck an der Umsetzung der vereinbarten Aufgaben, es ist viel erreicht, aber noch manches zu tun. Hierüber sind die Regierungsfraktionen mit Behörden und Bezirken sowie Vertretern der Initiative weiter eng im Gespräch, um auch die Umsetzung in einem breiten Konsens zu gestalten. Auf diesem Weg werden wir im Sinne des sozialen Friedens in unserer Stadt weitergehen – darauf können sich alle verlassen. Gerade bei der Herstellung von mehr hamburgweiter Verteilungsgerechtigkeit bei der Unterbringung ist noch einiges zu tun. Der mit der Volksinitiative vereinbarte Orientierungs- und Verteilungsschlüssel für die Bezirke und Stadtteile wird uns dabei helfen. Um die vereinbarten Reduzierungsschritte in den nächsten Jahren bei den großen Unterkünften hinzubekommen, werden wir trotz geringeren Flüchtlingszugangs weiter die eine oder andere Unterkunft planen und realisieren müssen – mit einer Belegung von nicht über 300 Flüchtlingen und unter Berücksichtigung der Stadtteilgerechtigkeit. Der Stadtteilüberblick zeigt viele echte Fortschritte: In Klein Borstel ist die vereinbarte Reduzierung ebenso umgesetzt wie in Lemsahl oder in Neugraben,  teilweise wird der Blick schon auf die Nachnutzung gerichtet. Die Umsetzung der Perspektive Wohnen Projekte zeigt ein differenziertes Bild. Während in Rissen und Poppenbüttel die planungs- und baubegleitenden Umsetzungsgespräche sehr gut laufen, ist an Standorten wie Mittlerer Landweg und Hörgensweg noch ein weiterer Weg zusammen zu gehen. Erfreulich ist, dass die Bebauungsplanverfahren überall mit Hochdruck betrieben werden, um schnellstmöglich gemischte Belegungen zu realisieren. Die hierzu gefundene Kooperation mit dem Studierendenwerk ist vorbildlich und sollte Schule machen. So können Kapazitäten für Flüchtlinge und dringend benötigte Wohnungen gleichermaßen geschaffen werden – eine gute Nachricht für den Wohnungsmarkt!”

Dazu Klaus Schomacker, Dachverband “Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg”: “Um die Einhaltung der Bürgerverträge transparent zu machen, haben wir Ampeln entwickelt. Immer mehr Ampeln werden von ‘ROT’ auf ‘Gelb’ oder ‘Grün’ geschaltet. Es gibt also Fortschritte. Um es deutlich zu sagen: Wir freuen uns darüber. Soweit zum positiven Teil des Jahrestages. Weniger erfreulich ist, dass zu diesen ‘Umschaltungen’ immer wieder das ‘A-Team’ eingreifen musste. Gut, das wir uns auf diese politische Unterstützung verlassen konnten. Schwierig, dass sich der positive Geist des Gesamtverständnisses sich immer noch nicht, wie selbstverständlich, in allen Bezirken und in Teilen der Verwaltung durchgesetzt hat. Von den etwa 1.500 Einzelregelungen des Vertrages steht noch ein gutes Viertel auf ‘GRAU’. Das heißt hier kann noch keine Aussage getroffen werden, ob der Vertrag 1:1 umgesetzt wird. Darunter sind sehr wichtige Punkte, wie die ‘Zentrale Koordinierungsstelle für Integration’ oder die verschiedensten Vereinbarungen zum Bauen in der Stadt. Hier wird die Ampel ein unverzichtbares Werkzeug sein, um die Umsetzung der Vereinbarung transparent zu prüfen. Der Vergleich der Ampeln aus dem März 2017 mit der Ampel heute (Juli) zeigt, dass nur noch Billwerder weiterhin massiv auf ‘ROT’ steht.”

 

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