Menschen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind, stellen sich im Strafprozess immer auch der Gefahr einer Retraumatisierung. Fragetechniken sind oft konfrontativ, intime Details des Erlebten werden mehrfach wiederholt und zwischen den Verfahrensbeteiligten wird rechtlich gestritten – das alles kann Betroffene stark belasten. Nicht in allen Fällen kann dies durch eine aufgezeichnete, richterliche Vernehmung vermieden werden. Um diese Schutzlücken zu schließen, hat die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz (BJV) eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, nach der künftig die vorsitzenden Richter*innen Befragungen dieser Betroffenen durchführen sollen. Damit soll die Rechtslage an die bereits bestehende Regelung für minderjährige Zeug*innen angeglichen werden. Die Grüne Bürgerschaftsfraktion begrüßt den Vorstoß der BJV als wichtigen Ausgleich zwischen Schutzbedürfnis von Zeug*innen und Fragerechten der anderen Beteiligten.
Dazu Lena Zagst, Sprecherin für Justizpolitik der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Der Vorschlag der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz stärkt die Rolle von Betroffenen sexueller Gewalt im Strafprozess. Die Befragung allein durch eine*n vorsitzende*n Richter*in kann Betroffene in der Hauptverhandlung entlasten und schützt vor Retraumatisierung. Gleichzeitig trägt der Vorschlag den Verfahrensrechten der weiteren Beteiligten Rechnung. So können etwa Angeklagte und Verteidiger*innen ihr Fragerecht mittelbar ausüben, indem sie ihre Fragen der*dem vorsitzenden Richter*in übermitteln, die*der diese dann an die Zeug*innen richtet. Damit schafft der Vorschlag einen Ausgleich zwischen dem Schutzbedürfnis der Zeug*innen auf der einen Seite und den Fragerechten der anderen Beteiligten auf der anderen Seite.“
Hintergrund: Bereits seit 2019 kann die richterliche Vernehmung von Zeug*innen, die Opfer einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach §§ 174-184k des Strafgesetzbuches, aufgezeichnet und im Strafprozess vorgeführt werden, um belastende Mehrfachbefragungen zu vermeiden (§§ 58a, 255a StPO). Häufig kommt es jedoch trotzdem – etwa aufgrund eines Beweisantrags – dazu, dass sich Betroffene einer Befragung in der Hauptverhandlung stellen müssen, etwa durch beisitzende Richter*innen, Schöff*innen, Vertreter*innen der Staatsanwaltschaft, Verteidiger*innen sowie Nebenklagevertreter*innen. Die Bundesratsinitiative zielt darauf ab, die Regelung, dass minderjährige Zeug*innen ausschließlich durch die vorsitzenden Richter*innen befragt werden, auch auf Betroffene von gravierenden Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erstrecken (§ 241a StPO).
Neuste Artikel
Fraktionsvorstand
Zum Tod von Eugen Wagner – Gwosdz: „Hamburg verliert eine prägende Persönlichkeit der jüngeren Stadtgeschichte“
Am 7. August ist Eugen Wagner im Alter von 83 Jahren in Hamburg gestorben. Die Grüne Fraktion trauert um den SPD-Politiker und langjährigen Senator, der fast zwei Jahrzehnte lang die Bau- und Verkehrspolitik der Stadt maßgeblich geprägt hat. Von 1983 bis 2001 verantwortete er zentrale Infrastrukturprojekte wie den Bau der vierten Elbtunnelröhre, die Planung der…
Fraktionsvorstand
Thering-Kritik an Merz – Gwosdz: „Die CDU Hamburg liegt einmal mehr daneben“
Die Hamburger CDU kritisiert die Entscheidung von Bundeskanzler Merz, vorerst keine Waffen nach Israel zu liefern, und bezeichnet dieses Vorgehen als „falsch“. Die Grüne Fraktion Hamburg zeigt sich darüber irritiert und bewertet die Äußerungen von CDU-Landeschef Dennis Thering als realitätsfern. Dazu Michael Gwosdz, Vorsitzender der Grünen Fraktion Hamburg: „Fast zwei Jahre nach dem 7. Oktober,…
Wohnen
Azubi-Wohnen stärken – Rot-Grün bringt mehr Wohnheimplätze für Auszubildende auf den Weg
Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen setzen sich mit einem gemeinsamen Antrag dafür ein, das Angebot an bezahlbarem Wohnraum für Auszubildende in Hamburg deutlich auszubauen. Künftig sollen städtische Flächenpotenziale noch gezielter genutzt und auch private Grundstücke erschlossen werden. Ergänzend sollen auch neue Kooperationsmodelle, etwa im Rahmen des Fachkräftenetzwerks, gefunden und gestärkt werden. Ziel ist es,…
Ähnliche Artikel
Justiz
Bei häuslicher Gewalt – Einfacherer Ausstieg aus dem gemeinsamen Mietvertrag
Der gemeinsame Mietvertrag bedeutet für Betroffene von häuslicher Gewalt zusätzliches Leid: Sie bleiben häufig auch nach dem Auszug abhängig von ihren gewalttätigen Partnern und müssen langwierige Gerichtsverfahren durchstehen. Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen setzen sich deshalb für einen einfacheren Ausstieg aus gemeinsamen Mietverträgen in Fällen häuslicher Gewalt ein. Betroffenen wird so ein klarer Neuanfang…
Justiz
Investieren in ein starkes Hamburg von morgen – Rot-Grün stärkt Justiz, Verbraucher- und Tierschutz
Im Rahmen des Doppelhaushalts 2025/26 setzen sich die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen für die nachhaltige Stärkung des Hamburger Rechtsstaats, des Verbraucherschutzes und des Tierschutzes ein. Der kostenlose Examens-Crashkurs für angehende Jurist*innen wird fortgeführt und die Digitalisierung der Verbraucherzentrale Hamburg weiter ausgebaut. Darüber hinaus werden zusätzliche Mittel in Höhe von jährlich 2,5 Millionen Euro für…
Justiz
28 neue Stellen für die Staatsanwaltschaften – Zagst: „Eine starke Justiz ist elementar für das Vertrauen in unseren Rechtsstaat“
In den kommenden beiden Jahren werden bei den Hamburger Staatsanwaltschaften 28 neue unbefristete Stellen geschaffen. Dieser Personalausbau sorgt vor allem dort für Entlastung, wo es zuletzt zu deutlich mehr Verfahren kam, etwa bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität, Drogendelikten und Kinderpornografie. Durch eine gut aufgestellte Justiz und effektive Strafverfolgung wird das Vertrauen in den…