Justiz

Gemeinnützige Arbeit für kürzere Haft: Ersatzfreiheitsstrafen bei ausstehenden Geldstrafen sollen neu geregelt werden

Im Rahmen der kommenden Bürgerschaftssitzung bringen die Fraktionen von Rot-Grün einen Antrag ein, mit dem die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen reduziert beziehungsweise vermieden werden soll. Mit dem Antrag soll das Hamburgische Strafvollzugsgesetz geändert werden. Zukünftig sollen mehr Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit ersetzt werden, um die Haftzeit zu reduzieren. Der Senat wird zudem aufgefordert, ein Konzept für haftvermeidende Maßnahmen zu entwickeln, das die Grundsätze der aufsuchenden Sozialarbeit berücksichtigt.

Dazu Carola Timm, justizpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Gefängnisstrafen vermehrt durch gemeinnützige Arbeit zu ersetzen, ist in vielerlei Hinsicht sinnvoll. Abgesehen davon, dass jede Haftvermeidung im Strafvollzug die Gefängnisse entlastet, profitieren vor allem die Verurteilten erheblich davon. So verringert sich für sie das Risiko, in eine Kriminalitätsspirale zu gelangen, in die sie durch einen Gefängnisaufenthalt  durchaus geraten können. Der Antrag soll unnötige Gefängnisstrafen vermeiden und durch gemeinnützige Arbeit  ersetzen, was ein sehr wichtiges Anliegen gerade bei Kleinkriminalität ist. Die Verurteilten sollen kein Wahlrecht mehr zwischen vergüteter und gemeinnütziger Arbeit haben und die Vollzugsanstalten sollen gemeinnützige Arbeit statt bezahlter Arbeit in Haft anbieten. Dies allerdings muss gut organisiert werden, und die Verurteilten brauchen gezielte Motivations- und Unterstützungsmaßnahmen – etwa durch aufsuchende Sozialarbeit.“

Dazu Mareike Engels,  sozialpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Menschen, die zu einer Geldstrafe verurteilt wurden und diese nicht bezahlen, haben meist vielfältige soziale Probleme. Durch gemeinnützige Arbeit können sie ihre Strafe abarbeiten und leisten damit auch einen Beitrag für die Gesellschaft. Unterm Strich profitieren alle davon, denn es entfällt eine teure Haftzeit und für die Betroffenen eröffnen sich Möglichkeiten der sozialen Integration.

Wer jedoch psychische Probleme hat, braucht erst einmal eine aufsuchende Ansprache, um auf dieses Angebot eingehen zu können. Im Optimalfall können in diesem Zuge auch andere soziale Probleme entdeckt und bearbeitet werden. Es ist besser auf Integration statt auf Haft zu setzen.“

Dazu Urs Tabbert, justizpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „In immerhin drei Prozent der Fälle weigern sich Menschen, die zu einer Geldstrafe verurteilt werden, diese zu zahlen. Unser Justizsystem sieht dann den Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe vor. Allein im Februar 2019 wurden 105 Ersatzfreiheitsstrafen verbüßt. Das bindet erhebliche Kapazitäten im Strafvollzug – für Menschen, die eigentlich nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind. Zusätzlich entstehen dem Steuerzahler erhebliche Mehrkosten. Deshalb wollen wir das day-by-day-Programm ausbauen. Im Zuge des Programms haben die Häftlinge die Möglichkeit, durch gemeinnützige Arbeiten die Dauer ihrer Haftstrafe zu verkürzen. Wir wollen dieses Angebot verbindlicher gestalten. So verkürzen wir Haftzeiten und reduzieren nebenbei auch die Haftkosten. Außerdem wollen wir bei den haftvermeidenden Maßnahmen nachbessern: Die Fachstelle ‚Gemeinnützige Arbeit‘ beim Fachamt für Straffälligen- und Gerichtshilfe soll künftig im Zuge des am 1. Januar in Kraft getretenen Resozialisierungsgesetzes stärker zum Einsatz kommen. Durch aufsuchende Sozialarbeit schaffen wir so weitere Anreize für Alternativen zum Gefängnisaufenthalt.“

Dazu Ksenija Bekeris, sozialpolitischer Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Moderner Strafvollzug hat auch eine sozialpolitische Komponente. Mit unserem Antrag sorgen wir dafür, dass säumige Geldstrafen-Zahler Alternativen zum Gefängnisaufenthalt aufgezeigt bekommen. Uns ist dabei wichtig, dass die Betroffenen selbst den wesentlichen Beitrag leisten, um einen Haftantritt zu vermeiden. Das kann etwa dadurch gelingen, dass sie sich in gemeinnützige Arbeit vermitteln lassen. Wir wissen aber auch, dass es diesen Menschen häufig besonders schwer fällt, den dafür notwendigen Kontakt zu den Behörden aufzunehmen. Das wollen wir mit Ansätzen der aufsuchenden Sozialarbeit verbessern, indem künftig mehr Anreize für die Kontaktaufnahme mit der Fachstelle Gemeinnützige Arbeit geschaffen werden. Es soll auch besser und vor allem in leicht verständlicher Sprache über die Konsequenzen eines Haftantritts informiert werden. Die Zusammenarbeit der justiz- und sozialpolitischen Akteure an dieser Schnittstelle soll durch unsere Initiative optimiert werden.“

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